E-Mail gilt vielen Menschen als ein informelles Medium, in dem ein lockerer Ton als z.B. in einem Brief oder einem Telefonat angeschlagen werden darf. Auch in einer weiteren Hinsicht scheint E-Mail eine etwas saloppere Haltung zu fördern: Mit der Wahrheit wird in E-Mails lässiger umgegangen als bei anderen Medien.
Bei einer Befragung von 400 Managern gaben drei Viertel der befragten Führungskräfte an, in E-Mails regelmäßig die Unwahrheit zu schreiben. Hierzu ist nur eines zu sagen: Lassen Sie sich nicht in Versuchung führen! Ausgerechnet in einem Medium zu lügen, das diese Lüge für immer und ewig schriftlich dokumentiert, ist ausgesprochen dumm. E-Mails werden durch automatische Archivierung und tägliche Datensicherung praktisch vollständig erfasst und in den meisten Unternehmen über einen sehr langen Zeitraum aufbewahrt. „E-Mails are forever“ heißt ein alter Internetspruch. E-Mails verschwinden also nicht einfach, sondern führen irgendwo im Internet ein langes Leben. Es kann deshalb sein, dass Sie Ihre Halb- oder Unwahrheit über kurz oder lang wieder einholt.
Auch rechtlich versetzen Sie Lügen in E-Mails in eine schlechte Position. Über spezielle Suchsoftware ist jede Ihrer in E-Mails getätigten Aussagen später wieder auffindbar. Dem Markt für solche sogenannte „Discovery-Software“ ist riesig. Solche Softwarewerkzeuge kommen bei Rechtsstreitigkeiten regelmäßig zum Einsatz. Die Prozesse, bei denen Kläger belastende E-Mails vorlegen, werden immer mehr. Zwar gelten E-Mails, die über keine elektronische Signatur verfügen, vor Gericht nicht als Beweismittel im engeren Sinne. Doch als Indizien können sie vom Richter allemal gewürdigt werden. Und wie wir selbst aus Mordprozessen wissen, reichen starke Indizien für ein negatives Urteil aus. Wenn Sie also glauben, eine Situation nicht ohne Lüge umschiffen zu können, sollten Sie dies besser mündlich tun.